Manfred – Eine deutsche Geschichte

Manfred

Eine Kurzgeschichte von Akif Pirinçci

Er liegt mit offenen Augen und einem durch­schnittlichen Kater im Bett. An den morgendlichen Kater hat er sich schon seit Langem gewöhnt, spürt ihn kaum mehr.

Es ist Punkt zehn Uhr morgens – komisch, daß seine innere Uhr immer noch funktioniert –, und Manfred steht wieder einmal ein sehr schwieriger Tag bevor. Auch heute weiß er nicht, was er tun, womit er den Tag verbringen soll, bis er sich abends wieder besäuft: Eine Erlösung.

Er könnte das Haus renovieren, da ist Arbeit ohne Ende. Aber es ist nicht sein Haus, das heißt es ist sehr wohl sein Haus, seitdem Papa vor 10 Jahren und Mama vor zwei Jahren gestorben sind und er danach hier einzog. Aber irgendwie fühlt er sich darin wie ein Fremder, wie ein ewiger Besucher, weil sich seit seinem Auszug als junger Mann vor 40 Jahren in keinem Raum etwas verändert hat. Die Möbel, die Kindheits­fotos im Stehrahmen von seinem Bruder Jakob und ihm, die orange­farbenen Gardinen, das Geschirr, die grünen Frottee­bezüge und -läufer im Badezimmer, alles aus den 70ern und 80ern. Waren halt alte Leutchen, Mama und Papa, die mit dem Neuen irgendwann abgeschlossen hatten. Nur der Flachbild­schirm und der Laptop auf dem Wohnzimmer­tisch sind neu, naja so neu auch wieder nicht.

Eigentlich sollte es ein Provisorium sein, weil er die Miete für seine Wohnung in der Stadt nicht mehr zahlen konnte. Da dachte er sich, wozu habe ich ein eigenes Haus, wenn auch weit vom Schuß und am Waldesrand?

Ein Provisorium ist es auch geblieben. Er kann sich einfach nicht aufraffen, irgend etwas am Haus zu tun. Er ist jetzt 60, und bei seinem verlotterten Lebensstil macht er es vielleicht noch 10 Jahre. Also wozu? Im Sommer mäht er den Rasen im Garten. Das war’s auch schon.

Manfred steigt aus dem Bett, schlüpft in seinen Morgen­mantel, eher in seine Alltags­kleidung, und überlegt, ob er wieder mal Caroline, Caro anrufen sollte. Er hat mit seiner Tochter zuletzt vor drei Monaten gesprochen. Doch sie mag ihn nicht oder kann mit ihm nichts anfangen. Er weiß auch nicht, wie es dazu gekommen ist. Am Telefon ist sie sehr wortkarg, hat nichts zu erzählen, er eigentlich auch nicht, und so wechseln sie wie Fremde ein paar Worte über das Wetter oder über ein krampfhaft heraus­gesuchtes Thema, über Belanglosig­keiten. Dabei spürt er, daß diese Gespräche ihr unangenehm sind. Zum Glück hat sie keine Kinder, sonst müßte er den Opa spielen, der sich hin und wieder bemerkbar macht und die Enkel pro forma ein paar mal im Jahr besucht. Das wäre ihr bestimmt nicht recht. Sie würde das Spiel zwar mitspielen, aber es wäre ihr in Wahrheit verhaßt. Schade, sie war damals so ein liebes Mädchen gewesen, ein Püppchen war sie.

Mit Paul dagegen telefoniert er öfters. Aber er hat dabei immer so einen aufgesetzt kumpeligen Ton drauf, geradeso, als spreche er zu einem x-beliebigen Bekannten. Er nennt ihn dabei auch nie Vater oder Papa, sondern immer nur Mani. Er haßt es, Mani genannt zu werden! Seit wann hat er sich das angewöhnt? Allerdings kommt ihn auch Paul nie besuchen. Er weiß nicht einmal, was er genau treibt. Mal studiert er, mal arbeitet er irgendwo, er wird daraus nicht schlau.

Natürlich weiß er, daß das alles nach der Scheidung von Irene angefangen hat. Aber da waren sie doch keine Kinder mehr. Irgend so ein Trauma oder etwas Ähnliches kann es also nicht gewesen sein. Vermutlich haben sie, ja, wie soll er es ausdrücken, vergessen, daß sie einmal eine Familie waren.

Manfred weiß bis heute nicht, warum Irene ihn damals verlassen hat. Gut, er war ja nie eine Temperaments­granate oder das Super-Familientier. Aber sie ja auch nicht. Eigentlich hatten sie nur geheiratet, weil Caro unterwegs gewesen war. Aber sonst, ja, sonst waren sie eigentlich ganz normal, der Durchschnitt halt, wie alle eben. Und er hatte immer das Geld nach Hause gebracht, keinem hatte es an etwas gefehlt, alles, was die Kinder brauchten und wollten, Urlaub, Weihnachts­geschenke, alle paar Jahre ein neues Auto und einmal im Monat auswärts essen – bis auf das Desaster mit der Selbständigkeit von 92 bis 94. Aber danach ging es doch wieder bergauf.

Nach der Scheidung war er zwei Jahre allein. Brachte sich Waschmaschine-Bedienen und Bügeln und sowas bei. Dann lernte er Margot kennen, über eine Kontaktanzeige. Sie war nicht mehr die Jüngste und auch nicht die Hübscheste. Doch sie besaß ein liebevolles Wesen. Auch mit der Unterleibs­gymnastik lief es ganz passabel. Bis sie immer stiller wurde, immer müder, immer abwesender, so, als sei sie gar nicht da und nicht mehr vorhanden. Manfred hatte nicht herausfinden können, wieso es dazu kam, glaubte jedoch, daß sie in Wahrheit gar keine neue Beziehung gesucht hatte, sondern aus reiner Gewohnheit unbedingt einen Mann an ihrer Seite haben wollte. Margot entschwand aus seinem Leben wie Luft aus einem platten Reifen.

Vor einem Jahr hatte es Manfred nicht mehr ausgehalten und sich über einen Service eine Nutte nach Hause bestellt. Man hatte bei dieser Agentur großes Aufhebens um die Tarife und seine Kreditkarte gemacht: Zwei Stunden Minimum, jede Stunde 200 Euro, jede weitere Stunde 150 Euro, plus Fahrtkosten für Taxi. Er nahm den Minimaltarif.

Gut, sie hatten nicht geschummelt, denn sie sah tatsächlich genauso aus wie auf der Internetseite abgebildet, relativ jung, ein Traumkörper, freundliches Wesen. Sie tranken erst ein bißchen Wein und dann, ja, dann war Manfred auch schon nach zehn Minuten fertig. Sie hatten noch eine Stunde, und sie fragte, ob er nicht noch etwas von dem Wein nachschenken könne. Als die Zeit abgelaufen war, hatte sie schon mächtig einen sitzen. Er sagte, daß er für ihren weiteren Verbleib nicht die Kohle hätte. Sie meinte, das wäre egal, sie wolle jetzt nicht nach Hause, und ob er nicht etwas Härteres in der Bude hätte.

Sie tranken die ganze Nacht durch, und als er am nächsten Tag gegen Mittag vor ihr aufwachte, bemerkte er, daß sie sich im Schlaf eingepißt hatte. Zu all dem verschwendeten Geld mußte er sich jetzt auch noch eine neue Matratze besorgen.

Bis vor eineinhalb Jahren nahm Manfred immer wieder Kontakt zu alten Freunden und Klassen­kameraden auf. Sie alle wohnten noch in der Nähe, waren seitdem fast nie von ihrem Heimatort woanders hingezogen. Gemeinsam trafen sie sich in einem Gasthof oder in einer Kneipe. Am Anfang war es noch lustig wieder die alten Geschichten aufzuwärmen, sich in die Jugend zurück­zu­träumen und über vergessene Feindschaften untereinander, meist war es um ein begehrtes Mädchen gegangen, zu lachen.

Aber dann soff Manfred wie gewohnt ein paar Humpen zu viel und fing mit seinem Politgerede an. Die Regierung würde sie alle verarschen und so, die Jugend heutzutage wäre ein einziger verweichlichter, verblödeter Haufen und so, zu viele Ausländer im Land und so. Sie gaben ihm sogar recht, aber eher in der Art eines gleich­gültigen Kopfnickens, eines geistigen Gähnens, wenn die Spannungskurve in einem vergnüglichen Film zwischen­durch abfällt, in einem kaum verhohlenen Ausdruck von „Er hat wieder seine fünf Minuten“.

Manfred verstand, daß diesen Leuten ihr beschissenes Leben komplett egal war, daß sie es nahmen wie es kam, daß sie die kleinen Annehmlichkeiten schätzten und keine großen Veränderungen. So wie er selbst waren sie fast alle Frührentner, meist noch verheiratet und mit einem kleinen Eigenheim irgendwo in der Walachei. Ihre Frauen kam die Rolle des Faktotums, der Köchin, des Seelen­trösters in bitteren Zeiten und des Schutzes gegen die Einsamkeit zu. Sie liebten sie nicht, sie brauchten sie. Wenn Manfred mit seinen weltbewegenden Ergüssen geendet hatte, stürzten sie sich sofort auf ihre lächerlichen Nichtigkeiten: Ob die freiwillige Feuerwehr vor Ort wirklich diesen sauteuren neuen Wagen brauchte und, das Lieblingsthema, das Datum der Fertig­stellung der Umgehungs­straße!

Und da wußte Manfred: Sie hatten gewonnen, er hatte verloren. Mal ehrlich, was wußte er schon über Politik, über die komplexen Zusammenhänge in der Welt, über das “richtige” Leben, wo sein eigenes Leben so falsch und falsch gelaufen war wie nur irgendwas? Frustriert wie er war, hatte er gedacht, sich über andere mit ein paar angeblich augen­öffnenden Sprüchen erheben, sie belehren, sich wichtig machen zu können. Dabei war er auch wie sie – nur viel schlimmer.

Er ließ das mit den Nostalgie-Treffen irgendwann, obwohl er weiterhin zum Grillen, der regelmäßige Höhepunkt des Lebens dieser Vollidioten, eingeladen wurde.

Er entdeckte Facebook für sich. Und begegnete dort wieder sich selbst!

Auch dort tummelten sich jede Menge Kaputtnixe, die alles durchschaut zu haben glaubten, dämliche Sinnsprüche vor einem Sonnen­untergangs­bild und vergilbtes Zeug aus ihrer Jugend, in der sie selbst mit dem Aussehen eines behinderten Affen von einer glorreichen Zukunft geträumt hatten, posteten und überhaupt allwissend und das einzig wahre Leben lebend taten. Dann waren noch welche, die ständig über ihre tausenderlei Krankheiten und ihre Krankenhaus­aufenthalte berichteten – immer wieder ein Stimmungs­aufheller!

Einmal jedoch begegnete er dort einer Frau, die wirklich zu ihm gepaßt hätte. Obwohl sie offenkundig etwas angejahrt war, sah sie noch ganz gut in Schuß aus. Sie besaß ein bezauberndes Gesicht und kleidete sich stilsicher, eine echte und feine Dame. Manfred schrieb ihr über „Persönliche Nachrichten“, aber sein Wortschatz war zu begrenzt, und er konnte seine Gefühle für sie nicht derart raffiniert ausdrücken wie so ein Studierter. Auch das schrieb er ihr. Ihre Antwort war ein Smiley mit Lachtränen.

Während er ein paar Eier in die Pfanne haut, kommt Manfred plötzlich die seltsame Sache von letzter Nacht in den Sinn. Irgendwann in den späten Stunden war er aufgewacht, und obwohl er wie jeden Abend auch diesmal reichlich gebechert hatte, fühlte er sich mit einem Mal hellwach. Er glaubte, daß jemand ihn gerufen hätte: „Manfred, komm, komm rüber!

Er hatte sich aus dem Bett erhoben und war ohne das Licht einzuschalten instinktiv zum rückwärtigen Teil des Hauses gegangen, wo in einem Abstand von zirka 300 Metern der Wald angrenzt. Er hatte aus dem Küchen­fenster hinausgeschaut und dort im finsteren Gehölz ein grünes Leuchten erblickt, das periodisch an- und abschwoll.

Manfred überlegt. Hatte er das nur geträumt? Oder es sich im Suff eingebildet?

Den Tag verbringt er wieder am Laptop mit allerlei Ablenkung. Mal guckt er sich Pornoschnipsel auf den einschlägigen Seiten an, mal philosophiert er über Gott und die Welt in irgendwelchen Netzwerken und Chats. In Wahrheit jedoch ist er innerlich aufgewühlt und wartet nur darauf, daß die Nacht endlich kommt. Er will lange aufbleiben, möglichst mit weniger Alkohol im Blut als sonst, und dann schauen, ob es wieder grün glüht im Wald. Wenn ja, will er diesmal rausgehen, der Sache auf den Grund gehen – vielleicht waren es ja auch bloß Jugendliche, die einen draufmachten. In seinen Jugendtagen waren sie ja auch immer für solch einen Scheiß schnell zu haben.

Am Abend setzt er sich auf einen Stuhl vor dem Küchenfenster und beobachtet beim abgeschalteten Licht den Wald. Die Stunden vergehen zäh, und oft kommt er sich lächerlich vor, weil er einem Phantom aus einem Suff-Traum nachzuspüren glaubt. Doch dieser Ruf nach ihm klang so real, geradezu vertraut.

Ab Mitternacht nickt er immer wieder kurz ein, obwohl er außer einer Dose Bier nichts getrunken hat. Wenn er aus dem Sekunden­schlaf wieder erwacht, geschieht dies immer mit einem schreckhaften Zucken. Vielleicht sollte er ins Bett gehen anstatt wegen dieses albernen Schwachsinns am Ende vom Stuhl zu fallen. Dann nickt er wieder ein.

„Manfred, komm doch zu uns! Komm, Manfred, komm!“

Er schreckt auf. Und da – erneut dieses intensive grüne Leuchten und Glühen im Gehölz!

Es muß so um drei Uhr nachts sein, und ganz langsam fallen die ersten Schneeflocken des Winters.

Manfred bindet sich den Schal um und zieht seine Steppjacke an. Langsamen Schrittes marschiert er zum Wald. Aus irgendeinem seltsamen Grund empfindet er nicht die leiseste Spur von Furcht. Im Gegenteil, Schritt um Schritt überkommt ihn dabei so etwas wie frohe Erwartung.

Als Manfred in den Wald eintritt, ist das grüne Licht immens greller und flächen­deckender geworden. Jeder kahle Baum, jedes Geäst reflektiert es augenblendend. Er dringt in dieses intensive Grün hinein wie ein aus dem Ozeangrund zur kristallenen Wasser­ober­fläche aufsteigender Taucher.

Dann schließlich beginnt die Helligkeit fast abzubrennen, durchdringt alles gleich einem immer­währenden Lichtblitz und raubt ihm den Atem. Und dann…

Und dann …

Und dann gewöhnen sich seine Augen an das strahlende grüne Gefunkel, und er sieht sie vor sich. Es ist ihr Reich!

Niedliche kleine Wesen, grün gekleidet, mit phosphoreszierender Haut und langen Zipfelmützen auf dem Kopf, vielleicht einen halben Meter groß, eher kürzer. Ihren Frauen, filigran, wunderschön und lieblich, wachsen aus dem Rücken transparente Flügel, deren Schläge wie beim Schwirrflug eines Kolibris in mit bloßem Auge kaum wahrnehmbarer rascher Geschwindigkeit erfolgen. Auch sie leuchten aus ihrem Innern grün. Es sind Kobolde und Feen oder etwas anderes, aber dafür hat Manfred keinen Namen.

Überall haben sie ihre kleinen Hütten mit kleinen Gemüsegärten davor errichtet, aus deren Schorn­steinen ebenfalls grüner Rauch aufsteigt. Da gibt es diese winzigen Laternen, die tausendfach aus den Fenstern der Hütten leuchten und die Miniatur-Straßen erhellen und in denen wie bei Glühwürmchen ein rätselhafter Strahle-Geist zu wohnen scheint.

Sie arbeiten an selbst­gezimmerten Webstühlen und weben mit ihren winzigen Händchen einen erlesenen, diamanten funkelnden weißen Stoff. Und sie stellen in kupfernen Destillen und Kübeln einen Trunk her, der violett flimmert, herrlich duftet, vor allem aber göttlich schmeckt und einen in einen schier orgiastischen Rausch versetzt.

Alles ist illuminiert, alles strahlt, alles ist Licht, und alle lächeln Manfred zu seinem Willkommen zu. Hier läßt sich leben, denkt er, und sein Herz geht vor Glück und Dankbarkeit auf, so daß ihm die Tränen in die Augen steigen.

In den nächsten Tagen schläft er tagsüber, damit er in der Nacht voller Elan bei seinen neuen Freunden sein kann. Dabei bemerkt er, daß eine der Elfen, ihr Name ist Tuli, ein Auge auf ihn geworfen zu haben scheint, das heißt sie haben beide ein Auge aufeinander geworfen.

Sie ist von solch atemberaubender Schönheit und derartigem Liebreiz, daß man sie nicht länger als ein paar Sekunden anschauen kann, ohne innerlich zu zerfließen. Ihre strahlend grünen Augen, ihre kohl­schwarzen, geschwungenen Augenbrauen, ihre stets in Zeitlupe in alle Himmels­richtungen flatternden langen Haare, ihr süßes, zucker­süßes Gesichtchen, ihr zerbrechlicher Feen-Körper, ihre permanent zwischen rosa und Indigo changierenden Flügel und ihre Füßchen in den rot­funkelnden Schühchen, ach, er würde vor Glück glatt in Ohnmacht fallen, wenn er nur einen einzigen Kuß von ihr erhielte.

Auch die anderen Wichte kriegen es mit, ermuntern die beiden, necken sie mit anzüglichen Sprüchen.

Er läßt sich nicht lange bitten, und so kommt es, daß nach einer kurzen Kennenlern-Phase eine den ganzen Wald zum Erzittern bringende Hochzeit gefeiert wird, auf dem sich das Lichtermeer ringsumher zur Intensität einer Supernova steigert, mehrere Nächte lang. Die Winzlinge haben für Braut und Bräutigam aus ihrem prachtvollen Wunderstoff traumhafte Kleider geschneidert und ein extra neues Gesöff kreiert, das alle im Lichte fliegen läßt.

Danach, es ist wieder Tag, sitzt Manfred in seinem Haus und denkt über alles intensiv nach. Nein, er kann nicht mehr hier bleiben, er hat hier nichts, nicht einmal etwas oder jemanden, mit das oder dem er auf irgendeiner Weise verbunden wäre. Kurz überlegt er, ob er ein paar private Sachen mit in den Wald nehmen soll. Aber er hat ja eigentlich nichts Privates, weil es ihn seit Jahren gar nicht mehr gibt, auch die Vergangenheit nicht mehr. Vielleicht das Handy, falls Caro oder Paul ihn mal anrufen sollten, ja, das Handy nimmt er mit.

Doch niemand ruft an.

Als Ende März der Schneemantel zu tauen beginnt, wird im Wald von Spazier­gängern ein männlicher Leichnam gefunden. Schnell wird ermittelt, daß es sich dabei um den Eigentümer eines angrenzenden Hauses handelt. Todesursache ungewiß. Neben der Leiche liegen unzählige Miniatur-Laternen zerstreut, vermutlich Deko-Spielzeug. Die Kripo rechnet mit einer langen Untersuchung.


Quelle: Akif Pirinçci: Manfred, Der kleine Akif am 30. Dezember 2020

Irgendwie vermisst man am Ende des Textes den Hinweis, dass Ähnlichkeiten mit tatsächlich lebenden Personen rein zufällig wären und die Handlung frei erfunden ist.

Aus den Kommentaren:

Stanley Milgram:

„Als Ende März der Schneemantel zu tauen beginnt, wird im Wald von Spaziergängern ein männlicher Leichnam gefunden. Schnell wird ermittelt, daß es sich dabei um den Eigentümer eines angrenzenden Hauses handelt. Todesursache – Erfroren im Delir.

Auf seinem Handy fand man seine letzte SMS „Rakastan sinua ikuisesti“, die jedoch nicht mehr abgeschickt wurde, denn er kannte ja die neue Handy-Nummer seiner großen Liebe, einer Halb-Finnin aus Hamburg, nicht.

So blieb nichts anderes, als die Leiche freizugeben und auf dem Grabfeld 36B, anonyme Urnengräber, zu bestatten.

Dort lag er dann mit seiner Mutter und all seinen Kumpels aus der Bierdosen- und Drogen-Szene. Niemand, absolut niemand, kam ihn dort jemals besuchen, genauso wenig wie die anderen Opfer ihrer Sucht, ihrer Sucht nach Liebe.“

Bin noch viel zu nüchtern, um klar denken zu können, sorry…

Fritz Wunderlich:

„Ihre Schilderung trifft sehr gut einen Punkt, der in der ganzen Feminismus-, Lesben-, Transen- und Homowelle bisher untergegangen ist. Der Mann wird nicht nur als Frauenschinder in der medialen Welt geächtet, er wird auch von seinen Kindern im Regelfall eher als Versager wahrgenommen, was auch seine pubertären Gründe hat. Als ohnehin angeschlagenes Familienoberhaupt hat er dann nicht mehr viel, was ihm aufrecht hält. Die Gesellschaft hat die Familie aus Mann, Frau und Kind auf den verschiedensten Ebenen vergiftet und der Zustand der Gesellschaft spiegelt das wider.“

Ein anderer Leser verlinkt auf die wahre Geschichte eines Manfreds:

In Memoriam Mani M. 1948-2003

Manfred M. lebte von 7. Februar 1948 bis zum 13. März 2003, zuletzt in Aachen, Lochnerstraße 23 und starb dann in dem Hospiz „Haus Hörn“.

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