Die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland

Die WikiMANNia-Redaktion erhielt folgende Nachricht:

Zitat von ihrer Seite:
„Die deutsche Staatsangehörigkeit ist die Zugehörigkeit einer natürlichen Person zum deutschen Staat, der Bundesrepublik Deutschland.“

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Satz von ihrer Seite stimmt nur bis zum Komma. Der deutsche Staat ist definiert in den SHAEF-Gesetzen Nr. 52 Art VII Absatz „e“ der Alliierten Streitkräfte und lautet: „Deutschland“ bedeutet das Gebiet des Deutschen Reiches, wie es am 31. Dezember 1937 bestanden hat. Zitat ende. Die BRD konnte niemals ein Staat werden, siehe „Konvent auf Herrenchiemsee vom 10.-23. August 1948“ und der Rede des damaligen Staatsrechtler Dr. Carlo Schmid. Der (gelbe) Staats­angehörigkeits­ausweis ist ein Nachweis als Abkömmling eines im souveränen Deutschen Reich (1871-1914) geborenen abzustammen, nach „ius sanguinis“.

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung, sofern Sie an WAHRHEIT und KLARHEIT interessiert sind. Wenn nicht, dann leben Sie gerne in ihrer Lüge weiter.

Mit freundlichen Grüßen
Heinrich aus der Familie M a a c k, deutscher Staats­angehöriger gemäß RuStAG § 4 Abs. 1 vom 22. Juli 1913, bestätigt vom Bundesverwaltungsamt in Köln am 03. November 2016

Der Absender ist offensichtlich das, was in gewissen Kreisen ein „Reichsbürger“ genannt wird. Diese Leute beschäftigen sich mit Fragen um die Souveränität Deutschland und dem Fortbestehen des im Jahr 1871 gegründeten Deutschen Reiches.

I. Vorbemerkung

Die Redaktion des nicht auf Staatsrecht spezialisierten Männerrechts- und Feminismuskritik-Informationsportals WikiMANNia bittet deshalb um Verständnis und Nachsicht bei laienhafter Darstellung der Thematik und ungenauer Formulierung.

Die WikiMANNia-Redaktion steht den so genannten „Reichsbürgern“ weder positiv zustimmend noch negativ ablehnend gegenüber. Solange diese Leute Standpunkte vertreten, die von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, verhält sich die WikiMANNia-Redaktion ihnen gegenüber neutral, wie anderen Leuten anderer Meinung auch. Das Interesse bewegt sich auf dem Niveau wie beim Verein zur Erforschung des Liebeslebens bei Einhörnern, dem Verein zur Erforschung amphibischen Lebens auf Alpha-Centauri, dem Moscheebau­verein in Hintertupfingen oder dem Verein zur Pflege der gegenderten Sprache.

II. Erster Eindruck

Der Einsender wirkt wie ein Zeuge Jehovas, der auch damit droht, dass man in der „Lüge“ weiterleben müsse, wenn man seine „Wahrheit“ nicht akzeptiert.

III. Souveränität

Das Thema Souveränität ist den so genannten „Reichsbürgern“ sehr wichtig. Der Einsender zitiert zur Definition eines deutschen Staates einen Satz aus einem – der Redaktion unbekannten – Gesetz der Alliierten Streitkräfte. Es stellt sich die berechtigte Frage, warum sich ein Bürger eines souveränen Deutschland die Gesetze und Definitionen der Alliierten Streitkräfte scheren sollte. Souveränität macht ja gerade aus, dass man sich aus sich selbst heraus definiert (und konstituiert) und sich dabei nicht von außen fremd­definieren lässt.

Souveränität ist keine Frage von Buchstaben, gedruckt auf geduldigem Papier (= Verfassung). Souveränität bemisst sich nach der real zur Verfügung stehenden Macht, seine Souveränität auch nach außen Geltung verschaffen zu können.

IV. Staat

Der Einsender behauptet, die BRD konnte niemals ein Staat werden. Warum nicht? Um diese Frage sinnvoll beantworten zu können, müsste der Einsender definieren, was er unter einem Staat versteht. Ansonsten läuft man in das Problem des „Wahren Schotten“ hinein.

Man sagt: „Wenn etwas watschelt wie eine Ente, quakt wie einen Ente und aussieht wie eine Ente, dann sehr wahrscheinlich deshalb, weil es eine Ente ist.“ Die Nachbar­staaten der Bundesrepublik Deutschland akzeptieren die Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied bei den Vereinten Nationen und ein Reisepass, ausgestellt von eben der Bundesrepublik Deutschland wird von allen Staaten dieser Welt akzeptiert.

V. Souveräner Staat

Die Bundesrepublik Deutschland ist zwar ein Staat, aber kein souveräner Staat. Das ist unstrittig, denn auch Wolfgang Schäuble hat zugegeben, dass Deutschland seit 1945 nie wieder (voll) souverän war. Dazu sind allerdings zwei Dinge anzumerken: Erstens gibt es auf der Welt nur drei wirklich souveräne Staaten: Die Vereinigten Staaten von Amerika, die Russische Föderation und die Volksrepublik China. Alle anderen Staaten sind abhängige und nur teilsouveräne Satelliten­staaten. Zweitens bemisst sich Souveränität nicht nach Buchstaben, gedruckt auf geduldigem Papier (= Verfassung), sondern nach den real zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, seine Souveränität auch nach außen Geltung zu verschaffen. Dazu gehören insbesondere die militärische, politische und wirtschaftliche Macht eines Staates.

„Reichsbürger“ sagen, Deutschland sei nicht souverän, weil es keine Verfassung habe. Das mag formal-juristisch richtig sein. Der vom Einsender genannte Staatsrechtler Carlo Schmid sprach tatsächlich seinerzeit davon, dass es bei der Gründung der BRD nicht darum ginge, einen Staat zu gründen, sondern eine Verwaltungseinheit (wörtlich sprach er in seiner Grundsatzrede vor dem Parlamentarischen Rat davon, es entstünde „lediglich ein Organismus mehr oder weniger administrativen Gepräges“ und er schlussfolgerte „Wir haben nicht die Verfassung Deutschlands oder Westdeutschlands zu machen. Wir haben keinen Staat zu errichten.“). Und tatsächlich heißt es nicht „Verfassung Deutschlands“ (Genitiv-Konstruktion), „Grundgesetz (von den Alliierten) für die Bundesrepublik Deutschland“ (Dativ-Konstruktion). Wo es ein „für“ gibt, muss auch ein „von“ sein. Es ist wie bei den Geschenken zu Weihnachten, da sind immer so kleine Zettel dran, wo etwa draufsteht „für Klein-Peter, von Oma“.

Real-politisch ist aber die Bundesrepublik Deutschland souveräner als viele andere Staaten auf der Welt, etwa die Staaten Mittel­amerikas oder die europäischen Staaten auf dem Balkan. Diese Länder mögen Verfassungen haben, die im Gegensatz zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland formal-juristisch sauber formuliert und vielleicht auch durch Volks­abstimmungen legitimiert sind, ohne dass diese Staaten deshalb souveräner als Deutschland wären.

VI. Juristische Fiktionen versus politische Realität

„Reichsbürger“ ignorieren, dass Souveränität auf knallharter militärischer, politischer und wirtschaftlicher Macht basiert und nicht etwa auf formal-juristischem Geplänkel. „Reichsbürger“ ignorieren ebenfalls die von Jellinek formulierte „Normativität des Faktischen“.

„Reichsbürger“ wie etwa Adrian Ursache erleben, wie das angeblich nicht untergegangene Deutsche Reich (mangels handlungs­fähiger Institutionen) ihre behauptete Souveränität nicht schützt, hingegen die real existierende Staatsmacht eines angeblich nicht existierenden Staates BRD einen „Reichsbürger“ einfach mal über den Haufen schießt.

Juristische Fiktionen gibt es viele, beispielsweise im Feudalismus der König als Souverän von „Gottes Gnaden“, in der Demokratie das Volk Inhaber der Souveränität oder die Fiktion, dass wertloses Papier wertvoll wird, wenn man es „Geld“ nennt.

In WikiMANNia juristische Fiktionen wie etwa das „Fiktive Einkommen“ oder die Fiktion von der zerrütteten Ehe, beziehungsweise die Fiktion des geschiedenen Ehegatten behandelt. Vieles aus dem Bereich Jura hat ein gestörtes/fragwürdiges Verhältnis zur Wirklichkeit des Lebens.

VII. Deutsches Reich versus Bundesrepublik Deutschland

Als die Deutsche Wehrmacht 1945 kapitulierte, gab es keine handlungs­fähigen Institutionen mehr, die das Deutsche Reich hätten formal-juristisch auflösen können. Überhaupt hatte man für spitzfindige formal-juristische Fragen nach Kriegsende keine Zeit, die Deutschen hatten andere, existentiellere Sorgen. Jedenfalls ist das Deutsche Reich, laienhaft ausgedrückt, so etwas wie ein Toter, bei dem man vergessen hat, den Totenschein auszustellen.

Und die Bundesrepublik Deutschland ist, laienhaft ausgedrückt ein Staat, bei dem man (absichtlich oder auch nicht) versäumt hat, eine gültige Geburtsurkunde auszustellen.

Jedenfalls ist es realiter so, dass die Bundesrepublik Deutschland als Staat existiert und das Deutsche Reich nicht (mehr).

VIII. Staatsangehörigkeitsausweis

Der Einsender versäumt es auch plausibel zu machen, was der „(gelbe) Staats­angehörigkeits­ausweis“ als Nachweis „gemäß RuStAG § 4 Abs. 1 vom 22. Juli 1913“ eigentlich für eine praktische Bedeutung haben soll. Mit dem Reisepass, ausgestellt von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland kann man in alle Staaten dieser Welt einreisen, in die meisten sogar (als Tourist) ohne Visum.

IX. Normativität des Faktischen

Die Ausführungen müssen laienhaft und unvollständig bleiben, weil der WikiMANNia-Redaktion die nötige Expertise in staatsrechtlichen Fragen fehlt. Der WikiMANNia-Redaktion ist es allerdings wichtig zu betonen, dass die Wirklichkeit immer normativ wirkt und im Zweifelsfall formal-juristische Spitz­findigkeiten beiseite schiebt.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, beispielsweise der Ukraine die Staatlichkeit zu- und der Bundesrepublik Deutschland abzusprechen. Beide Länder sind Satelliten­staaten der USA, Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 und die Ukraine ist seit dem von den USA initiierten Regierungs­wechsel 2014 ein Satellitenstaat der USA mit Selenskyj ab 2019 als „Klientelkönig“.

X. Fazit

Es bleibt die Frage offen, was an dem Satz „Die deutsche Staatsangehörigkeit ist die Zugehörigkeit einer natürlichen Person zum deutschen Staat, der Bundesrepublik Deutschland.“ falsch sein soll. Es gibt faktisch (zur Zeit) keinen anderen deutschen Staat als die Bundesrepublik Deutschland.

Das Deutsche Reich von 1871 wird nicht wiederaufleben, das ist angesichts der politischen Lage in diesem Land praktisch auszuschließen. Zieht man noch die demographische Lage des Landes in die Überlegungen mit ein, dann spielt das alles auch keine Rolle mehr, weil in recht naher Zukunft die Deutschen in Deutschland in der Minderheit sein werden und in etwa 200 Jahren wird es in Deutschland keine Deutschen mehr geben.

Der offizielle Titel des deutschen Staates war nach dem Untergang des Römischen Reiches „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“. Vielleicht wird es in 200 Jahren nach dem Untergang Deutschlands in Europa einen Staat mit dem Titel „Heiliges Deutsches Reich Türkischer Nation“ oder etwas vergleichbares geben…

Nur mal in einem Gedanken­experiment angenommen, das Deutsche Reich ließe sich wiederherstellen, so wäre damit keinerlei Zuwachs an Souveränität verbunden, weil die nötige militärische Macht (Zustand der Bundeswehr), wirtschaftliche Macht (Energieversorgung, Technologie­feindlichkeit, fehlende Innovationen, hoffnungsloser Rückstand in der Digitalisierung) und politische Macht (das politische Personal – Annalena Baerbock & Co. – wäre ja immer noch unfähig und inkompetent) weiterhin fehlten.

Die so genannten „Reichsbürger“ sind also eine obskur-sektenhafte politische Kleinstbewegung, die sich mit – aus real­politischer Sicht – irrelevanten Fragen beschäftigt.